Eine
der schlimmsten Heimsuchungen für die Kößlarner Bürger war ganz sicher
das Brandunglück vor über 130 Jahren, das 15 Wohngebäude samt 18
Nebengebäuden zu Asche machte.
Die meisten Häuser im damaligen Markt waren Holzbauten und größtenteils
auch mit hölzernen Legschindeln gedeckt.
Am 13. Oktober 1868 fand im Kirschner-Bräuhaus (jetzt Gasthof Hager) die
Hochzeitsfeier des Brautpaares Franz Weidinger aus Westerbach und Maria
Eckinger, Zimmererstochter aus Aigen statt.
Alles war vergnügt und fröhlicher Laune. Gegen 7 Uhr abends stürzte
plötzlich die Brauerstochter Maria Kirschner in die untere Gaststube mit
dem Schreckensruf: "Es brennt!".
In panischer Angst sprangen die Gäste auf, rannten auf die Marktstraße
und sahen, wie Flammen aus dem Glaserhaus schlugen. An ein Löschen war
zunächst nicht zu denken.
Es gab keine organisierte Feuerwehr im Markt, nur die alte, unzulängliche
Spritze aus dem Jahre 1819 war vorhanden. Bevor die Leute den Kampf gegen
das wütende Element aufnahmen, rannten sie in die Häuser und warfen den
Hausrat auf die Straße, wobei viel zerbrochen und noch mehr gestohlen
wurde.
Benefiziaht Hundsberger, seit 1863 Zehnuhrmesseleser in Kößlarn,
organisierte schließlich den Löscheinsatz. Er sammelte Kinder und
Erwachsene, schickte sie um Eimer und Geschirr, stellte zwei Reihen
Handlanger bis zum Kesselbach auf und ließ die alte Spritze bringen.
Doch das Feuer hatte bereits so weit um sich gegriffen, dass mit der armseligen
Spritze nichts mehr zu bestellen war. In dem allgemeinen
Durcheinander fiel auch niemandem ein, Boten in die Nachbarorte zu
schicken.
Nur der Schmiedemeister Will warf sich auf sein Ross und jagte nach Rotthalmünster,
wo die Spritze schon bereitstand! Als der Schmied schrie: "Mitten in
Kößlarn"', fuhren die Helfer sogleich ab.
Etwa eine Stunde nach Ausbruch des Großbrandes kam die erste Spritze aus
Bayerbach, bald darauf folgte Birnbach, dann Rotthalmünster. Nach und
nach kamen 13 Spritzenmannschaften zusammen.
Beim jetzigen Anwesen Erbertseder unterbricht ein kleines
Durchfahrtsgässchen das Häusergewirr. Dort kämpften zehn Männer aus
Birnbach unter ihrem Kommandanten Johann Matzberger (später Spengler in
Kößlarn) die ganze Nacht hindurch mit beispielloser Zähigkeit,
Geschicklichkeit und Aufopferung gegen das Flammenmeer an - und retteten
den Untermarkt.
Um die Feuerspritzen aus dem Marktbrunnen und aus dem nahen Kesselbach mit
Wasser zu versorgen, waren sehr viele Handlanger notwendig. Immer wieder
sprangen Neugierige bzw. "Feuergaffer" aus der Reihe und nur mit
äußerster Kraft konnte die Eimerkette zusammengehalten werden.
Noch gegen Mitternacht glaubte man, den Brand nicht mehr unter Kontrolle
bringen zu können und deshalb wurde die Räumung der Häuser im Obermarkt
und an der Waldstraße angeordnet. Das gewaltige Feuer erzeugt einen so
starken Wind, dass die brennenden Legschindeln auf die holzgedeckten
Dächer der anderen Marktplatzseite herunterfielen.
Auch diese Seite war durch herumfliegende brennende Holzschindeln, Balken
und Strohbündel äußerst gefährdet. Die Rettung brachte ein günstiger
Westwind, der gegen 1 Uhr nachts einsetzte und das Feuer, die Funken und
Rauchschwaden zum Vogelberg hintrieb.
Als der Morgen graute, sah man die furchtbare Verwüstung: 15 Wohngebäude
und 18 Stallungen, zusammen 33 Firste, lagen in Schutt und Asche. Das
Unglück war ungeheuer, zudem stand der Winter vor der Tür.
Wahrhaft großartig war die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Von allen
Seiten fuhren Rossknechte Wagen mit Getreide, Kleidungsstücken und
Lebensmitteln in den Marktflecken.
Im Winter 1868 wurde eine Unmenge Ziegelsteine vor den einzelnen
Brandstätten verteilt. Diese wurden aber leider zweckentfremdet.
Am Stephanietag 1868 brach in Kößlarn zwischen den Markt- und
Bauernburschen eine schwere Rauferei aus. Sie zog sich vom Wirtshaus auf
die Straße und nachdem alle Stöcke abgeschlagen waren, benutzte man die
aufgestapelten Bausteine als Wurfgeschosse.
Am nächsten Morgen war die Straße hinab zum Kesselbauern und hinunter
zum Ederschmied mit Ziegelsteinen übersät.
Im Jahre 1869 wurden sämtliche niedergebrannten Häuser wieder aufgebaut.
Nach der Brandkatastrophe vom 13. Oktober erkannte man die Notwendigkeit
einer organisierten Feuerwehr und bereits am 6. November 1868 traf man
sich im Schulhaus zur Gründungsversammlung. Wenige Jahre später, 1873,
erhielt die Wehr eine neue Saug- und Druckspritze.
Gerold Zue
weiterere Artikel:
Der große Brand in Kößlarn
im Jahre 1868 (PNP vom 22.10.1968)
Der
Schmied war schnell - und gründete Kößlarner Wehr (PNP
vom 19.12.1998)
Als Kößlarn vor
140 Jahren in Flammen stand (PNP vom 08.11.2008)