PNP vom Dienstag, 3. Juni 1988 Lokalteil
Pocking
Kößlarn
"Bei uns hat's 100 Jahre nicht gebrannt"
Marktbürger mussten Nachlässigkeit im Löschwesen 1868
büßen - Erst danach Feuerwehr eingerichtet
Kößlarn. Schon im Spätmittelalter bot der Markt eine
strenge Feuerpolizei auf. Doch die Tatsache, dass der Marktflecken seit
dem 18. Jahrhundert von größeren Feuersbrünsten weitgehend
verschont geblieben ist, machte die Bürger; Magistrat und Ratsherren
nachlässig, was das Löschwesen anbelangte. "Bei uns hat's
über 100 Jahre nicht gebrannt" - für diese verhängnisvolle
Gewissheit wurde man 1868 eines Besseren belehrt.
Zwei Jahrhunderte zuvor waren Nachlässigkeiten empfindlich bestraft
worden. So wanderte ein Schuhmacher, der 1664 einen nächtlichen Feuerschrecken
verursacht hatte, für zwei Tage hinter Gitter - im Gefängnis,
das im alten Rathaus untergebracht war. Kämmerer und Rat des Marktes
hatten eigens zwei „Feuerbeschauer“ aufgestellt, die alle 14 Tage in die
Häuser kamen und die Rauchfänge besichtigten.
Während der Markt im Laufe seiner 500jährigen Geschichte einige
Male durch Feuerstürme zerstört wurde, vernachlässigte
man aber in der Folgezeit das Löschwesen in unverantwortlicher Weise.
Immer wieder empfahl man dem Magistrat des Marktes die Verbesserung der
Löscheinrichtung, ohne Erfolg.
1850 forderte das Landgericht Rotthalmünster auch die Kirchenverwaltung
Kößlarn auf, zum Bau eines Feuerlösch-Requisitenhauses
das nötige Holz unentgeltlich abzugeben und dazu noch einen Geldbetrag
zu leisten Denn die Gemeindeverwaltung schenkte dem Feuerlöschwesen
keine große Aufmerksamkeit. „Bei uns brennt's nicht“ - mit dieser
Feststellung wurden alle Anregungen, für das Löschwesen doch
etwas zu tun, zurückgewiesen. Und weiter prahlten die Kößlarner
Ratsherren : „Bei uns hat's über 100 Jahre nicht gebrannt“ (Zeitung
f. d. Löschwesen von 1868).
Es geschah nichts, bis im 101. Jahre in einer Oktobernacht Feuer ausbrach
und beim Morgengrauen der Markt in Asche lag. „Feuer ! Feuer!“ ertönte
am 13.Oktober 1868 der Ruf im Ort. Durch glühende Asche war beim
Glaserbäck mitten im Markt ein verhängnisvoller Brand entstanden.
Die Gefahr der Brandausweitung war bei der vorherrschenden Holzbauweise
besonders groß. Es verstrich viel Zeit, bis endlich die 1819 angeschaffte
Spritze herbeigeholt wurde.
Aber das wütende Element wartete nicht mit seiner Fresslust, bis
sich die Ortsbewohner endlich zum Löschen der Feuersbrunst aufrafften.
Der Benefiziat Hundsberger organisierte die Löscharbeit. „Feuerspritze
her! Wasser her!” – Nach langem Geschrei
brachte sie den veralteten Spritzenwagen doch auf einen ganz unrichtigen
Platz.
Frauen und Kinder keuchten mit halbgefüllten Ledereimern herbei.
Jeder Marktbewohner musste mehrere Feuereimer besitzen. Das Feuer fand
in den eng aneinander gereihten, meist noch mit Holzschindeln gedeckten
Holzblockbauten rasche und reiche Nahrung. Als sich der Rauch verzog,
waren insgesamt 33 Firste (15 Wohnhäuser und 18 Nebengebäude)
in Schutt und Asche gesunken. Gute Löschmaschinen und eine schlagfertige
Feuerwehr hätten dieses Unglück von anno dazumal verhindern
können.
In der Passauer Donau-Zeitung hört sich das Brandunglück folgendermaßen
an: „Am Dienstag den 13. Oktober Abends 7 1/2 Uhr brach in dem Markte
Kößlarn, kgl. Bezirksamt Griesbach, Feuer aus, welches rasch
die umliegenden Gebäude erfasste und sich mit rasender Schnelligkeit
über die rechte Seite des Marktes verbreitete. Der Umstand. dass
in Folge monatelanger Hitze das Holzwerk der Gebäude ganz ausgetrocknet
und die eingebrachte Heu- und Getreide-Ernte groß war, gab dem wütenden
Element besondere Nahrung. Trotz der unsäglichsten Anstrengungen,
den Feuerherd zu begrenzen, wurden fünfzehn Häuser eingeäschert
und selbstverständlich noch mehr Nebengebäude.
Durch dieses große Brandunglück , verloren die beteiligten
Familien ihr Obdach und zugleich ihre ganze Habe. Der Schaden an Immobilien
ist noch nicht ermittelt der Schaden an Mobilien, ist bedeutend, sehr
bedeutend und leider um so fühlbarer als dieselben teils oder gar
nicht, teils nur gering versichert waren. Das Elend der Verunglückten
ist namenlos und sie umso beklagenswerter, als sie mit weniger Ausnahme
sich vorher schon in den dürftigsten Verhältnissen befanden.
Aus Fehlern lernt man: Nach diesem Großbrand wurde das Feuerlöschwesen
im Jahre 1868 auf eine neue Grundlage gestellt durch die Errichtung einer
freiwilligen Feuerwehr.
Gerold Zue
©Passauer Neue Presse
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