PNP vom Samstag, 19. Dezember 1998 Lokalteil Pocking

Geschichten von damals

Der Schmied Will war schnell - und gründete Kößlarns Feuerwehr

Vor 1771 gab es in den bayerischen Märkten 266 Schmiedemeister

Kößlarn. Die Huf- oder Wagenschmiede saßen seit jeher in den Märkten. 1467 sind erstmals der Schmied zu Malgertsham und der Peter Schmied im Markt erwähnt.

Die Arbeit dieser Meister des schwarzen Handwerks war sehr vielseitig. Ihr Arbeitsgebiet umfaßt wesentlich den Hufbeschlag und den Wagenbau, allerdings auch die Herstellung von Zimmeräxten, Seilen, Hauen und Kreuzhacken und von groben Eisenzeug. Hufeisen werden angepaßt und aufgebrannt. Seine Geschicklichkeit beim Beschlagen von Pferden war sehr wichtig.
Dem tüchtigen Hufschmied passierte es quasi nicht, daß er ein Pferd vernagelte, das heißt den empfindlichen Huf durch einen falsch gesetzten Nagel verwundete.
Eine sehr wichtige Arbeit war auch das Reifenaufziehen. Die Schmiede stellten Werkzeuge her und reparierten alles. Für den Kirchenbau in Kößlarn hatten diese sogenannten Grobschmiede "Nägel, Türbänder und Kegeln, Hoblnägl und Klampfen" hergestellt.
Im Jahre 1635 kam der Aichschmidt auf seiner Wanderschaft nach Kößlarn. Er war ein Hufschmiedsohn von Lüfering bei Salzburg und fand Arbeit beim Peter Schmied.
1630 heiratete er dessen Tochter Anna. Die letzte Aichschmidt starb im Jahre 1869. Besitznachfolger wurden die Eders. 1729 arbeiteten in Kößlarn drei Schmiede, Georg Aichschmidt, Georg Parger und Anton Zellner. In der Asenhamer Straße werkelte damals der Hufschmied Perger. Im Unteren Markt hämmerte der Schmiedemeister und Ratsherr Aichschmidt.
An der Burgfriedensgrenze Kößlarn/Ragern stand einst das Stiglschmied-Anwesen. Das ganze hölzerne Haus wurde auch "Schmied auf der Bruck" bezeichnet und war grundbar zur Herrschaft Kleeberg. 1834 brachte Mathias Aichschmidt diese Werkstatt von der Gutsherrschaft Kleeberg um 1330 Gulden in seinen Besitz.
Am 8. April 1840 kaufte Stephan Will vom Aichschmidt dieses Anwesen nebst realem Schmiedrecht um 1331 Gulden. Mitglieder der Hufschmiede Familie Will waren auch in Pfarrkirchen und Simbach beheimatet.
Beim Kößlarner Großbrand 1868 spielte der Schmiedemeister Will eine wichtige Rolle. Im Markt tobte der Feuersturm. Bei der Bürgerschaft herrschte eine heillose Verwirrung. Es fiel auch niemanden ein, Boten auszuschicken, um Hilfe zu holen. Nur der Schmied Josef Will warf sich auf sein Rottaler Roß und jagte in der Dunkelheit nach Rotthalmünster hinab und alarmierte die dortige Feuerwehr. Der Will Schmied war auch Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr Kößlarn.
Seit 1869 befindet sich die Will Schmiede in der Asenhamer Straße. Nach dem Krieg kamen die Traktoren, die Pferde verschwanden.
Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie ich als Schulkind vor der Schmiede stand und bei der Arbeit zusah. Das Kling-Klang der Hammerschläge, Stampfen und Wiehern der Pferde waren die Geräuschkulisse. Auch das Zischen des rotglühenden Eisens und der Geruch des verbrannten Horns blieben mir noch in Erinnerung. In der rußigen Schmiede roch es nach angebranntem Holz und nach Kohlenfeuer.
Den Hufschmied als eigentlichen Beruf kennen wir heute kaum mehr. Die alten Hufbeschlagsschmiede, die auch als Roßdoktor gefragt waren, sind rar gesäht im Land. Eigentlich sind nur mehr einige wenige Tierärzte in Hufpflege und Hufbeschlag ausgebildet. Mit der Verdrängung der Arbeitspferde durch Zugmaschinen wurde der Hufschmied überflüssig, ähnlich erging es dem Wagner.
Hufschmiede sind heute fast nur noch für den Reitsport tätig. Nur jene Schmiede - darunter auch die Familie Will - überlebten bis in die Gegenwart, die neue Tätigkeitsgebiete im Kunsthandwerk, in der Reparatur von landwirtschaftlichen Maschinen und in der Herstellung von Gebrauchsgegenständen fanden.

Gerold Zue


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