PNP vom Samstag, 23. November 2002    Lokalteil Pocking

Anno 1700 brachten Hausdirnen das Löschwasser

 

Nach Brandunglück im Jahr 1545 kamen strenge Feuerpolizei und verstärktes Anlegen von Brunnen im Markt Kößlarn auf

Kößlarn. In früheren Zeiten stellten die häufigen Brände eine materielle Katastrophe für die Marktbewohner dar. Ein Funkenflug, ein in Brand geratenes Fett oder ein umgestürztes Talglicht konnten in den meist hölzernen Häusern rasch eine Feuersbrunst auslösen, der ganze Viertel zum Opfer fielen. Das erste nachweisbare Schadensfeuer, das Kößlarn heimsuchte, war der Marktbrand von 1545.

Damals brannte es im Markt lichterloh. Einige Bürger waren um Hab und Gut gebracht. In einem Aktenvermerk heißt es: „1545 ist ain gros Verderben durch aine aufkommene Pronnst geschehen, auch Puxen (Feuerbüchsen) und andere Waren verdorben sein . . .“ Es fällt auf, dass es ganz wenige Schriftstücke vor 1545 im Ratsarchiv gibt. Mit dem Rathaus zerstörte das Feuer alle schriftlichen Unterlagen bis auf die geretteten Marktfreiheiten und Privilegien. Eine Konsequenz aus diesem Brandunglück für die Zukunft war eine verschärfte Feuerpolizei und die Anlage von Brunnen. 1578 waren Feuerbeschauer Wolfgang Aspeck und Hanns Schirmaier. Den Hausbesitzern drohte man Geld- oder Haftstrafen an, falls sie nicht für ordentliche Feuerstätten, Instandsetzung der Kamine und ihre Reinigung sorgten. Überaus häufig waren Strafen für fahrlässigen Umgang mit Feuer: „1660 - Bey Veit Scheiblhuber, burgerlicher Leinweber, ist durch Unfleiß am Hl. Carfreitag ain Feuer auskommen, derowegen er zur Straf erlegen müssen da aine Gefahr ist zwar groß nit gewest . . . 1 Gulden 8 Kreuzer 4 Pfennig.“ Schwere Vergehen gegen die Feuer(ver)ordnungen kamen vor das Marktgericht, und die Beklagten ins Lochgefängnis: vor allem solche, die nächtlicherweile mit offenem Licht und Feuer hantiert hatten. 1664 war beim Schuhmacher Hans Kürleithen Feuer ausgebrochen. Dafür wurde er zu zwei Tagen Arrest im Rathaus „Kötterlein“ verdonnert. Die wichtigsten „Waffen gegen das Feuer“ waren Feuergabeln und -haken zum Einreißen brennender und bedrohter Häuser, um den Feuerherd einzudämmen. Auch die ledernen Löscheimer, die im Rathaus, aber auch bei Privaten verwahrt wurden, hatte sich immer wieder gut bewährt. Jeder, der einst das Bürgerrecht erwerben wollte, musste einen Ledereimer auf das Rathaus liefern. Jährlich mussten auch mehrere Neubürger statt des Ledereimers eine „Sprützen“ stellen, eine hölzerne Handspritze, die allerdings nur wenig größer und stärker war als eine heutige Fahrradpumpe. Diese Handspritzen waren bei verschiedenen Bürgern verteilt. An verschiedenen Stellen im Markt waren Feuerleitern und lange Feuerhaken aufgehängt, damit man sie im Notfall rasch zur Hand hatte. Vorschrift war auch, je nach Größe des Hauses einen Zuber mit Wasser unter dem Dach zu haben.

Blättert man die Kommunalrechnungen von Kößlarn durch, findet man allerdings zeitweise recht bescheidene Beträge für Löschrequisiten (um 1700 als „Feuer Rüstung“ bezeichnet). 1744 wurden drei doppelte und drei einfache Feuerleitern angeschafft. 1760 hatte der Fassbinder Hannemann um 1 Gulden 30 Kreuzer einen neuen Wasserzuber „zur Feuersgefahr“ angefertigt. 1772 lieferte der Binder Schidlmayr einen Feuereimer aus Eichenholz. Geregelt war auch die Beteiligung an der Brandstelle. Die Feuerordnung vom Jahr 1700 teilte alle Hausbesitzer und Einwohner nach den vier Marktvierteln in vier Feuerrotten ein. Der Nachtwächter musste die Ledereimer an die herbeieilenden Personen verteilen. Die „Jungfrauen und Hausdirnen“ hatten mit Kübeln und Schaffeln und weiteren Gefäßen Löschwasser herbeizuschaffen. Nur langsam vervollkommneten sich die Möglichkeiten, Brände wirksam zu bekämpfen. 1819 erhielt der Markt von der Familie Engelhart in Fürth eine große Feuerspritze um 590 Gulden sowie drei hölzerne Wassereimer auf Schleifen. Zur Bekämpfung von Bränden befanden sich 1825 im Rathaus 14 alte lederne Löscheimer, eine alte Tragspritze und in der Feuer-Remise eine große Feuerspritze, 31 gute lederne Feuereimer und drei große hölzerne Wasserkübel auf Schleifen. An mehreren Stellen im Markt waren 16 Feuerleitern und sieben Haken deponiert. Die Bildung einer freiwilligen Feuerwehr vollzog sich nach dem Großbrand 1868. Im Jahr 1873 erhielt die Feuerwehr eine neue Saug- und Druckspritze. Leider wurden der historische Spritzenwagen und die Ledereimer vor Jahrzehnten verschleudert.

Gerold Zue


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