PNP vom Donnerstag, 02. Juli 1959

62 Vereine kamen zum 90. Gründungsfest der Feuerwehr

Die Gründung ging auf den großen Brand vom 13. Oktober 1868 zurück

Kößlarn. Die Freiwillige Feuerwehr beging am Samstag und Sonntag ihr 90jähriges Gründungsfest. Es begann mit einem großen Zapfenstreich am Samstagabend. Mit klingendem Spiel zogen die Festfeuerwehr und der Patenverein, die Freiw. Feuerwehr Thanham, durch den festlich geschmückten Markt, dessen Häuser illuminiert waren. Die „Taferlbuben“, für den nächsten Tag längst gerüstet, schritten dem Zug mit Lampions voran. Dann scharten sich die Teilnehmer um das Kriegerdenkmal, wo eine Feier für die verstorbenen Feuerwehrkameraden stattfand. Nachdem der Kirchenchor ein vierstimmiges Chorlied gesungen hatte, hielt Kommandant Weitneder eine Ansprache. Sie galt vor allem den Gründern der Kößlarner Feuerwehr, den verstorbenen Kommandanten, die alle namentlich genannt wurden, wie allen verstorbenen Wehrmännern. Die Feier klang mit dem Lied vom guten Kameraden, gespielt von der Kapelle Schmalhofer, aus.

Der Festtag selbst wurde mit einem musikalischen Weckruf und Böllerschüssen eingeleitet. Schon am frühen Vormittag kamen die ersten auswärtigen Besucher in den Markt. Nach und nach kamen die 62 auswärtigen und auch die örtlichen Vereine, die alle an den Ortsausgängen empfangen und mit Musik zum Festplatz geleitet wurden. Vorstand Bachhofer begrüßte die Ankommenden jeweils von der Festtribüne aus. Mit Landauern und Autos wurden auch die Fest- und Fahnenjungfrauen und die Fahnenmutter angefahren. Gegen 9.30 Uhr wurde Aufstellung zum Kirchenzug genommen. Es ging durch den Unteren Markt bis zum Bahnhof und über Malgertsham und Ragern zurück in die Pfarrkirche. Reiter bildeten die Spitze des Zuges. Es folgten die Kriegerkameradschaft. der Arbeiterverein, der Bauernverein, die BRK-Einheit und der VdK-Ortsverband, in zwei Kutschen sitzend die Fahnenmutter und die Festjungfrauen, in Personenwagen Bürgermeister Höhne, Kreisbrandinspektor Schmelz und Ehrenmitglieder der Feuerwehr. Dann kam der Trommlerzug aus Griesbach, der Patenverein, die Freiwillige Feuerwehr Thanham, der Festausschuss, der Festverein und schließlich die Frw. Feuerwehren Oberwesterbach, Asenham, Unterschwärzenbach. Oberham, Ering, Fürstberg, Halmstein, Tettenweis, Seibersdorf, Gögging, Hirschbach, Kindlbach, Voglarn, Ulbering, Wiesing, Aigen Inn, Karpfham, Schwaibach, Kirn, Vierling, Kirchdorf/Inn, Gschöd, Asbach, Kirchham, Anzenkirchen, Kirchberg, Untertattenbach, SimbachTnn, Bayerbach, Rotthalmünster, die Musikkapelle, die Feuerwehren Luderbach, Pattenham II, Malching, V/eng,
Schambach, Eggersham, Hartkirchen, Stubenberg, Mittich, Münchham, Weihmörting, Prienbach, Griesbach, Oberindling, Birnbach, Poigham, Irching. Pattenham I. Ruhstorf, Braunau/Oö„ Erlach. Pöcking. Bergham, Rohr, Waldstatt. Egglfing, Safferstetten, Großhaarbach, Schönburg, Würding, Sulzbach und Altötting. Die vielen Vereine mit ihren Fahnen und Uniformen boten ein farbenprächtiges Bild.

Während des anschließenden Festgottesdienstes in der Pfarrkirche spielte die Musikkapelle von der Empore aus die „Deutsche Messe“ von Schubert. Pfarrer Reischl gab in seiner Predigt ein umfassendes Bild von der Gründung der Kößlarner Feuerwehr. Der Bericht, dem Pfarrarchiv entnommen, besagt im Wesentlichen folgendes: Am 13. Oktober 1868, als im damaligen Kirschnerschen Brauhaus Hochzeit gefeiert wurde, beobachtete die Tochter gegen 19 Uhr, dass über dem Glasneranwesen Feuerflammen zusammenschlugen. Für die eng aneinandergebauten Holzhäuser bedeutete dies größte Gefahr, und dazu gab es noch keine Feuerwehr im Ort. Nur eine einzige unzulängliche Handspritze besaß man. „Es gab ein großes Durcheinander“, so heißt es in der Chronik, und.“es wurde viel gestohlen“. Von dem Schreckensruf gebannt, dachte anfangs niemand ans Löschen. Der erste, der dann endlich dazu anhielt, war der damalige Benefiziat. Beim besten Willen aber war gegen den sich schnell ausbreitenden Brand nichts auszurichten. Die große Gefahr für den ganzen Markt erkennend, schwang sich schließlich der Schmiedemeister Will. auf sein Pferd und jagte nach Rotthalmünster, um Hilfe zu holen. Die Münsterer kamen auch eilends herbei. Die erste Hilfe aber kam von den Feuerwehren Bayerbach und Birnbach. Als diese jedoch ankamen, hatte sich die Feuersbrunst bereits bis zum Spermannhaus hinuntergefressen. Es bestand größte Gefahr für den ganzen Unteren Markt. Besonderes Lob wird in der Chronik den Feuerwehrmännern aus Bayerbach gezollt. Sie haben sich zwischen den Anwesen Erbertseder und Braun aufgestellt und „mit Zähigkeit und Geschicklichkeit gearbeitet“ und tatsächlich gelang es ihnen, das Feuer dort zum Stillstand zu bringen. Insgesamt 18 Feuerwehren waren schließlich gekommen, aber da war dann wieder Wassernot. Man war bereits dabei, die Häuser des Oberen Marktes zu räumen. Erst gegen 1 Uhr nachts, als ein günstiger Westwind einsetzte und die Feuerschwaden nicht mehr in die Häuser, sondern auf die Wiesen hinaustrug, war der restliche Markt gerettet.

Im Markt war große Not. Schon am nächsten Tag wurde unter Vorsitz des damaligen Pfarrers ein Hilfsbereitschaftsausschuss ins Leben gerufen. Am nächsten Tag waren alle Obdachlosen untergebracht. Hilfsbereit zeigte sich auch der ganze Landkreis. „Es wurde viel gespendet und geholfen“, so führt der Chronist aus. Asbach und Griesbach sind besonders genannt. Aber auch die Bauern der umliegenden Ortschaften versagten den Notleidenden ihre Hilfe nicht. Tätige Liebe habe sich damals gezeigt und tätige Liebe sei es auch, was sich die Feuerwehr zum Losungswort gewählt habe, so führte der Pfarrer hierzu aus. Noch im gleichen Jahr, nämlich am 6. November 1868, wurde die Freiw. Feuerwehr Kößlarn gegründet, und in den 90 Jahren habe die Wehr oft Hilfe gebracht und vielen Mitmenschen Hab und Gut retten geholfen. „Die soll an diesem Festtag anerkannt sein“, sagte Pfarrer Reischl weiter.und allen öffentlicher Dank gesagt werden.“ Zum Abschluss seiner Ansprache stellte er den Schutzpatron der Feuerwehr, den Hl. Florian, als Beispiel für rechte christliche Pflichterfüllung hin und gab der Hoffnung Ausdruck, dass durch die Arbeit der Feuerwehr weiterhin Menschen, die von Unglück und Brand bedroht werden, geschützt und geholfen werde.

Als nach dem Gottesdienst noch zum Festzug aufgestellt wurde, setzte plötzlich so starker Regen ein, dass auf den Zug verzichtet und der Festakt auf den Nachmittag verlegt werden musste. Um 14 Uhr begann dann der Festakt, der jedoch wegen Fehlens zahlreicher Vereine nicht mehr ganz das war, was er am Vormittag gewesen wäre. Kommandant Weitneder begann mit einer kurzen Ansprache. Es folgten Gedichte und schließlich die Bänderverleihungen durch die Fahnenmutter, Frau Maria Schödermaier, und die Festjungfrauen Franziska Geishauser, Gerlinde Kaisersberger und Maria Entholzner. Auch die teilnehmenden Vereine erhielten ihre Festbänder. Anschließend wurden zwei verdiente Feuerwehrmänner geehrt. So erhielt der Friseur und appr. Bader Gottfried Einberger das Ehrenkreuz für 50jährige Feuerwehrdienstleistung und der Maurermeister Hans Dobler aus Ragern für 25 Jahre. Damit war der Festakt beendet.

Vom frühen Nachmittag an war dann Ball im Erbertsedersaal. In den übrigen Gaststätten waren Konzerte und sonstige Unterhaltungen.


Die Fahnenmutter Maria Schödermaier beim Anheften des Fahnenbandes (Ranzinger)


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